Sommersession des Nationalrats: 2. – 20. Juni 2025

Wir steuern mit grossen Schritten auf den längsten Tag des Jahres und die Halbzeitmarke zu – kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht! Doch bevor die Sommersonne uns endgültig einfängt, wird im Bundeshaus nochmals hitzig debattiert, was das politische Zeug hält.

Wenn ich mir die Schweizer Debattenkultur so anschaue und das Ganze in den Kontext der weltpolitischen Lage setze, kann ich nur sagen: Ich schätze mich ausgesprochen glücklich, hier in der Schweiz leben zu dürfen. Mehr denn je.

Inzwischen bin ich in meiner dritten Session als zweite Vizepräsidentin des Nationalrats angekommen – und ja, mittlerweile werde ich regelmässig auf den berühmten «Bock» gehievt. Von dort aus darf ich nun live präsidieren. Der Sessel wirkt ehrwürdig – doch ich verrate Euch etwas: bequem ist er ganz und gar nicht. Ich sehe es sportlich und nehme mir fest vor, bis zum Präsidialjahr meine Rückenmuskeln und mein Sitzfleisch in Bestform zu bringen.

Der Rollenwechsel – mal als Nationalrätin im vollen Debattiermodus am Rednerpult, kurz darauf als Sitzungsleiterin mit Überblick und Verantwortung – gefällt mir sehr. Er fordert, bereichert und bringt ganz neue Perspektiven mit sich.

Tag der Tracht

Bevor ich in die Inhalte der Session eintauche, noch eine kleine Anekdote: Am 5. Juni war der „Tag der Tracht“ im Bundeshaus angesagt. Einige engagierte Kolleginnen und Kollegen haben uns eingeladen, an diesem Tag in Tracht zu erscheinen. Und da ich meiner Fraktionskollegin im letzten Jahr ein Versprechen gegeben hatte, war klar: Ich mache mit!

Da ich selbst keine eigene Tracht besitze, wandte ich mich an den Riehener Trachtenverein – und wurde mit einer originalen Riehener Festtagstracht wunderbar ausgestattet. Mit einem überdimensionalen Koffer reiste ich also nach Bern – und genoss das Erlebnis in vollen Zügen. Es war eine Freude, all die unterschiedlichen Trachten aus den verschiedensten Regionen der Schweiz zu bestaunen.

Ein farbenfrohes, kulturelles Mosaik – einfach fantastisch!


Auf Botschaftsbesuch

Ausserdem durfte ich zwei Botschaften in Bern besuchen – die kubanische und die japanische. Und sagen wir’s so: der Unterschied hätte kaum grösser sein können. Auf der kubanischen Botschaft ging es herzlich, bunt, locker und mit selbstgekochtem Essen zu – inklusive Live-Musik und einem Sprachengewirr, das seinesgleichen sucht. Ganz anders auf der japanischen Botschaft: dort lief alles streng nach Protokoll, mit fester Sitzordnung und ästhetisch perfektem Essen. Zwei Welten – beide faszinierend. Und ich finde: wie schön, dass sich diese kulturelle Vielfalt mitten in Bern erleben lässt. Eine echte Bereicherung!


Ich gehe nun aber noch auf die wichtigsten Themen und Geschäfte ein. Möchtest du noch mehr informiert sein, dann dient dieser Link sicher auch dazu: SRF-Liveticker zur Session

Ja zu den Bilateralen III – für Sicherheit, Chancen und Strom auf allen Leitungen

Eigentlich stand es gar nicht auf der Traktandenliste dieser Session – und doch war es allgegenwärtig: Das Verhandlungsergebnis mit der EU, das der Bundesrat während der Session vorgestellt hat. Ein echter Meilenstein!
Die neuen Abkommen bringen frischen Wind in unsere Beziehungen zu Europa – und öffnen Türen, die längst wieder hätten offen sein sollen: Zugang zum Binnenmarkt, stabile Jobs, und endlich wieder mit dabei bei den europäischen Bildungs- und Forschungsprogrammen. Wer hätte gedacht, dass Erasmus mal Sehnsucht auslösen kann?

Gerade in Zeiten globaler Unsicherheit braucht es stabile Partnerschaften – wirtschaftlich, politisch und ja, auch emotional.

Die GLP steht mit Überzeugung hinter den Bilateralen III. Denn diese Verträge bringen Ordnung ins System: Sie schaffen Rechtssicherheit für Unternehmen, entwirren das Bürokratiedickicht, stärken den Lohnschutz und halten fest: gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort.

Und keine Sorge – auch bei der Personenfreizügigkeit behalten wir das Steuer in der Hand. Eine differenzierte Schutzklausel sorgt dafür, dass die Regionen nicht überfordert werden. Flexibilität mit Weitsicht.

Besonders erfreulich: Auch im Strombereich bringen die Abkommen echten Mehrwert. Die Versorgung wird sicherer, der Strom günstiger – und die Konsument:innen bekommen mehr Wahlfreiheit. Freie Wahl zwischen Grundversorgung und freiem Markt? Klingt fast zu modern für die Schweizer Energiepolitik – ist aber bald Realität.

Kurz gesagt: Jetzt ist nicht die Zeit fürs Zaudern. Jetzt ist die Zeit, Verantwortung zu übernehmen. Europa bewegt sich – und wir sollten nicht mit angezogener Handbremse hinterherrollen. Zeit für den nächsten Schritt.


Frontalangriff auf den Service public abgewehrt

«Es gibt tatsächlich Dinge, die sich verdoppeln, wenn man sie teilt. Die Liebe zum Beispiel, sie wissen es. Aber halbiere ich eine Kuh, habe ich keine halbe Kuh – die Kuh ist tot.»

Das war der Einleitungssatz zu meinem Votum im Nationalrat. Die sogenannte Halbierungsinitiative, um die es geht, wollte die Radio- und Fernsehgebühren von heute 335 auf 200 Franken senken – ein scheinbar harmloser Sparvorschlag, der jedoch massive Konsequenzen für den medialen Zusammenhalt unseres Landes gehabt hätte. Ich habe mich im Rat klar gegen diese Initiative ausgesprochen. Eine Halbierung des Budgets hätte nicht einfach eine „effizientere“ SRG zur Folge, sondern eine systematisch geschwächte, zentralisierte Anstalt – mit gravierenden Folgen für die sprachliche und kulturelle Vielfalt der Schweiz.

Der Service public verbindet die Sprachregionen, fördert Kultur und Sport und stellt sicher, dass auch Randregionen, Nischensportarten und Minderheiten medial sichtbar bleiben. Der Bundesrat hat bereits Massnahmen zur Effizienzsteigerung beschlossen, die Gebühren werden bis 2029 auf 300 Franken gesenkt. Doch ein radikaler Kahlschlag, wie ihn die Initiative verlangte, wäre ein Angriff auf die mediale Grundversorgung.

Ich habe die Initiative deshalb mit Überzeugung abgelehnt. Schau Dir doch mein Votum an:


Revision des Zivildienstgesetzes – Rückschritt statt Reform

Die GLP-Fraktion hat die geplante Revision des Zivildienstgesetzes geschlossen abgelehnt. Da hat man eine funktionierende Lösung – und will sie ausgerechnet dort schwächen, wo sie am besten läuft. Die geplante Revision des Zivildienstgesetzes wirkt ein bisschen so, als wolle man das Licht dimmen, damit die Kerze heller scheint.

Die GLP-Fraktion hat das Ganze geschlossen abgelehnt. Denn statt echte Reformen anzupacken, zielt der Vorschlag einzig darauf ab, den Zivildienst unattraktiver zu machen – in der Hoffnung, dass dadurch der Militärdienst im besseren Licht erscheint. Ein wenig durchschaubar, vor allem aber: kontraproduktiv.

Besonders stossend ist die geplante Wiedereinführung der Gewissensprüfung. Ja, richtig gelesen – ein bürokratisches Relikt aus früheren Zeiten soll wiederbelebt werden. Als hätten wir sonst keine effizienteren Wege, die Motivation der Dienstwilligen zu prüfen.

Und während man da mit viel Aufwand rückwärts denkt, bleibt eine zentrale Frage unbeantwortet: Warum gilt die Dienstpflicht eigentlich noch immer nur für Männer? Wer Gleichstellung wirklich ernst meint, kann bei dieser Frage nicht die Augen verschliessen.

Wir sagen: Lasst uns das Dienstpflichtsystem modernisieren – nicht demontieren. Ein Bürgerdienst für alle – wie ihn die Service Citoyen Initiative vorschlägt – bringt echten Fortschritt. Statt das funktionierende System Zivildienst zu schwächen, sollten wir gezielt dort stärken, wo es an Kräften fehlt: im Zivilschutz, in der Pflege, in der Bildung.
Für mehr Fairness, Flexibilität und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Denn gute Politik sucht Lösungen für reale Probleme – und nicht Probleme für längst präsente Lösungen.

Mein Votum im Rat | Bericht in der SRF Tagesschau


E-Collecting: Ein echter Durchbruch für die digitale Demokratie

Diese Session hat geliefert – und wie! Der Nationalrat hat gleich zwei zentrale Motionen zur elektronischen Unterschriftensammlung angenommen. Damit kommt endlich Bewegung in eine Baustelle, die viel zu lange brachlag.

E-Collecting – das klingt nicht nur modern, es ist auch ein handfester demokratiepolitischer Fortschritt. Und längst überfällig. Gerade für kleinere Parteien und zivilgesellschaftliche Bewegungen, die nicht über dicke Budgets oder professionelle Sammelteams verfügen, ist das ein Gamechanger. Heute haben vor allem jene einen Vorteil, die mit grossen Kampagnenwellen übers Land rollen können. E-Collecting gleicht das Spielfeld zwar noch nicht vollständig aus – aber es rückt die Startlinien immerhin ein gutes Stück näher zusammen.

Die eine Motion bringt Tempo ins Spiel, die andere sorgt für Struktur: eine datensparsame, dezentrale, quelloffene Lösung auf Basis der neuen E-ID soll her. Parallel dazu schlägt der Bundesrat eine gesetzliche Grundlagen für Pilotversuche vor.

Und das Beste: Es gibt bereits einen konkreten Fahrplan, präsentiert am Winterkongress der Digitalen Gesellschaft – und er klingt vielversprechend:

  • Ab 2026 Willensbekundung digital – auf der Strasse oder im Netz.
  • Ab 2027 volle Integration mit digitaler Bescheinigung über die Stimmregister.

Kurz gesagt: Der digitale Aufbruch der direkten Demokratie hat begonnen. Und zwar nicht als PR-Gag, sondern als echte, greifbare Reform. Ich bin überzeugt: Das stärkt die politische Teilhabe, fördert Chancengleichheit – und bringt uns als Land einen grossen Schritt näher an eine zeitgemässe Demokratie.

Bericht SRF


Eingereichter Vorstoss: Interpellation zur Verwendung der Horizon-Mittel

Mit der Interpellation «Horizon-Paket: Verwendung der Mittel aus den Verpflichtungskrediten» habe ich den Bundesrat um Auskunft gebeten, wie die vom Parlament 2020 gesprochenen 6,15 Milliarden Franken für das Horizon-Paket eingesetzt wurden. Hintergrund ist der zwischenzeitliche Ausschluss der Schweiz aus grossen Teilen von Horizon Europe, der Übergangsmassnahmen notwendig machte.

Ich möchte wissen, wie viel Geld tatsächlich für diese Massnahmen verwendet wurde, wie viel künftig noch benötigt wird – und ob der Bundesrat bereit ist, allfällig nicht verwendete Mittel aus dem Verpflichtungskredit zur Entlastung des BFI-Bereichs im Rahmen des Sparpakets 2027 zu berücksichtigen. Gerade in angespannten Haushaltszeiten ist Transparenz und eine effiziente Mittelverwendung zentral – insbesondere in der Bildungs- und Forschungspolitik.


Ab in die Sommerpause

Kurz vor Sessionsende – das Bundeshaus war noch in vollem Debattenmodus – erreichte mich ein ganz besonderer Gruss: Ein persönlicher Bote brachte mir einen Brief samt Blumenstrauss direkt aus Basel ins Bundeshaus. Zum Hochzeitstag! Gerade weil wir diesen Tag nicht gemeinsam verbringen konnten, hat mich diese Überraschung mitten im politischen Treiben sehr gefreut.

Und nun heisst es: Schluss, fertig, ab nach Hause. Im Gepäck natürlich der Blumenstrauss und– wie immer – mein grosser Sack voller schicker Schuhe, den ich zu Beginn jeder Session im Bundeshaus deponiere und nach drei Wochen wieder einsammle.

Ich freue mich jetzt auf die Sommerpause, frische Luft und vor allem: Familienzeit. Ein bisschen Ausgleich darf sein – der Kopf will gelüftet sein.

Arrivederci, à bientôt

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