Aus der Sommersession 2022

Die Sommersession 2022 war für mich wohl die «normalste» Session, die ich bisher erlebt habe. Es gab Platz für persönliche Gespräche, diverse Anlässe und fachlichen Austausch. Angefangen bei unterkühlten Temperaturen haben wir die Session an einem Hitzetag beendet.

Da ich keine ganz grossen Geschäfte in der Verantwortung hatte gab es auch Raum, mich mit neuen Ideen zu befassen, diese weiterzuentwickeln und aufs Blatt zu bringen. Zudem haben diverse Lobbyisten das Gespräch mit mir gesucht. Da werden wohl einige brisante Geschäfte noch auf mich zukommen dieses Jahr. Ich bin ja übrigens klar der Ansicht, dass der Begriff des Lobbyisten zu negativ behaftet ist und Lobbyismus besser ist als sein Ruf. Als Milizparlament sind wir durchaus angewiesen auf die Meinung und die Hinweise der Fachpersonen und -verbände. Wir können nicht alles sehen und wissen. Ich meinerseits bin jedenfalls immer offen für jedes Gespräch und höre mir gerne die Meinung aller Seiten an. Ich fühle mich durchaus im Stande diese Inputs dann selbst zu bewerten und meine eigenen Schlüsse daraus zu ziehen.

Neben der Arbeit für das Bundeshaus müssen auch andere Aufträge parallel erledigt werden. So habe ich die Ehre, in Basel einige Reden halten zu dürfen. Diese müssen natürlich auch entsprechend vorbereitet oder geschrieben werden. Tja und so ging es mir wieder eigentlich wie immer: ich frage mich am Abend wenn ich müde ins Bett falls, wo eigentlich die Stunden hingegangen sind.

Aber lesen Sie doch, mit was wir uns in der Sommersession des Nationalrats 2022 so beschäftigt haben:

Die wichtigsten Geschäfte:

Gletscher-Initiative

Die Schweiz soll 2050 klimaneutral sein. Der Nationalrat will dieses Ziel via Gesetz schneller erreichen, als es mit der Gletscher-Initiative möglich wäre. Am Dienstag fasste die grosse Kammer erste Beschlüsse und blieb bisher auf dem Weg, den die vorberatende Kommission eingeschlagen hatte. Bis auf die SVP begrüssten die Fraktionen die Vorlage. Die Umweltkommission des Nationalrats setzt für die Erreichung des Netto-Null-Ziels 2050 auf Zwischenziele und Absenkpfade und nicht auf Verbote wie die Initiative.

Meine Meinung:
Nach einigen Irrungen und Wirrungen ist es gelungen, in der UREK einen guten indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative zu gestalten. Dieser bildet eine gute Grundlage, um den Initianten einen Rückzug der Initiative zu ermöglichen. Im Weiteren könnte so auf den direkten Gegenvorschlag verzichtet werden und dieser abgeschrieben werden. Inhaltlich sind die beide im Grundsatz vergleichbar, aber der indirekte noch konkreter und zudem braucht der indirekte GV «nur» das Volksmehr. Darum ist aber jetzt eine breite Unterstützung mit einer pragmatischen Vorlage im Nationalrat nötig, damit der Ständerat auch auf den Weg einschwenkt.

Kostenbremse im Gesundheitswesen

Der Nationalrat hat den gesetzlich festgelegten Kosten- und Qualitätszielen im Gesundheitswesen knapp zugestimmt. Damit soll das Prämienwachstum eingedämmt werden. Der Nationalrat gab damit grünes Licht für einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)». Das Volksbegehren selbst war im Nationalrat indes chancenlos. Initiative und Gegenvorschlag gehen an den Ständerat.

Meine Meinung:
Die Grünliberalen haben sowohl die Volksinitiative (VI) wie auch den indirekten Gegenvorschlag abgelehnt. Die VI möchte die Kostenentwicklung auf die der Wirtschaft und Löhne begrenzen und dies via Kostenbremse erreichen, ohne diese genauer zu definieren und bleibt bezüglich der genauen Massnahmen zu vage. Sie ist im Endeffekt sinnlos. Zentrales Element des Gegenvorschlages des Bundesrates sind die Kostenziele, die ursprünglich Teil des Kostendämpfungspakets II waren. Kostenziele lehnen wir jedoch ab und folglich auch den Gegenvorschlag.

Prämien-Entlastungs-Initiative

Der Nationalrat ist der Meinung, dass Bund und Kantone die Krankenkassenprämien mit über zwei Milliarden Franken zusätzlich verbilligen sollen. Er hat damit einen indirekten Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative beschlossen. Grundsätzlichen Widerstand gab es nur von der SVP. Die Initiative wurde jedoch zur Ablehnung empfohlen. Das Geschäft geht an den Ständerat.

Meine Meinung:
Die VI nimmt ein populäres Thema auf. Die finanziellen Auswirkungen wären aber für Bund und Kantone enorm (Bund: 3‘700 Mio CHF, Kantone 800 Mio CHF). Auch ist der Begriff des verfügbaren Einkommens nicht ganz klar definiert und auch sozialpolitisch nicht ideal. Insgesamt wäre die VI aber auch eine massive Kom-petenzverschiebung von den Kantonen zum Bund.
Allgemein ist zu sagen, dass Handlungsbedarf besteht. Die Umverteilung rein via Steuern hat in vielen Einkommensklassen (bis in den unteren Mittelstand) nur wenig Wirkung. Der Weg über die Prämienverbilligungen ist hier ein pragmatischer Ansatz. Ich bin gegen die Initiative und für einen Gegenvorschlag, der griffig genug ist, damit die Initiative evtl. zurückgezogen würde.

Aktionsplan gegen Hassverbrechen

Der Bundesrat soll mit einem nationalen Aktionsplan Massnahmen zur Unterstützung und zum Schutz von Opfern von LGBTQ-feindlichen Gewaltverbrechen treffen. Der Nationalrat hat ein entsprechendes Postulat deutlich angenommen, mit dem der Bundesrat den verbindlichen Auftrag erhält, einen nationalen Aktionsplan auszuarbeiten.

Meine Meinung:
Es ist tragisch, dass wir überhaupt einen solchen Aktionsplan brauchen. Aber wir können die Augen vor der Realität nicht verschliessen und sollten proaktiv vorgehen, um der Gewalt Einhalt zu gebieten.

Bereitstellung persönlicher Daten zur Nutzung

Der Bundesrat muss dem Parlament Lösungsansätze vorlegen, wie die Bereitstellung persönlicher Daten auf anonymer Basis zur Nutzung im öffentlichen Interesse gefördert werden kann. Der Nationalrat hat ein entsprechendes Postulat meiner grünliberalen Kollegin Judith Bellaiche (GLP/ZH) an die Regierung überwiesen. Die freiwillige Datenspende soll insbesondere für die Forschung im Gesundheitswesen verwendet werden.

Meine Meinung:
Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie essentiell Daten in Krisensituationen sind. Um Szenarien gesundheitlicher Gefährdungen und medizinische Ressourcen richtig einzuschätzen, aber auch um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen einer Krise besser zu verstehen und bewältigen zu können, sind Daten eine unentbehrliche Grundlage. Anonymisierte Angaben auf grosser Skala spielen bei der Massnahmenplanung eine entscheidende Rolle. Mit dieser Erkenntnis ist der Zeitpunkt gekommen, sich konzeptionell mit der freiwilligen Datenspende, geeigneten Spendengefässen, deren Trägerschaft und Ausgestaltung auseinander zu setzen, um der Forschung und Wissenschaft solide Grundlagen zu liefern. Mehrere Studien und Pilotprojekte haben gezeigt, dass ein hoher Anteil der Bevölkerung während der Corona-Pandemie bereit war, ihre Daten zur Verfügung zu stellen.

Medienförderung zum x-ten

Nach dem Nein der Stimmbevölkerung zu einer ausgebauten Medienförderung will der Nationalrat keinen neuen Anlauf mit einer “Light”-Vorlage. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission hätte unbestrittene Teile des Medienförderungspakets separat umsetzen wollen, erhielt aber keine Mehrheit. Insbesondere hätte es um die Unterstützung von Aus- und Weiterbildungsinstitutionen, Nachrichtenagenturen wie Keystone-SDA und Selbstregulierungsorganisationen sowie um IT-Investitionen gehen sollen. Ausserdem hätte der Abgabenanteil zugunsten der privaten Radios und Fernsehsender erhöht werden sollen. Die Initiative ist vom Tisch.

Meine Meinung:
Kurz nach dem Volks-NEIN gab es die Ansicht, es gäbe einen „unbestrittenen“ Teil des Medienförderpakets, den man nun doch noch herausschälen könne. Was aber genau unbestritten war oder dann auch ist steht in den Sternen. Klar ist, dass mein Postulat «Strategie für eine zukunftsgerichtete Medienförderung jetzt aufgleisen» in der Frühlingssession vom Nationalrat angenommen und dem Bundesrat zur Berichterstattung überwiesen wurde. Somit möchten wir diesen Weg nun mit Nachdruck verfolgen und nicht mit einem neuen evtl. zähen oder langwierigen Prozess behindern, der am Schluss eine breite Auslegeordnung verhindert oder nach erneuten Debatten sogar einen erneuten Scherbenhaufen produziert. Wir haben deshalb – und in der Meinung damit schneller und effizienten für die gesamte Medienbranche ans Ziel zu kommen – diesen Vorstoss abgelehnt.

Stromproduktion-Booster

Lärmschutzwände, Fassaden und Dächer in Bundesbesitz sollen für die Produktion von Strom genutzt werden. Der Nationalrat will, dass die SBB und das Bundesamt für Strassen (Astra) ihr Potenzial für Photovoltaik-Anlagen nutzen. Flächen an Autobahnen sollen Dritten für die Energieproduktion kostenlos zur Verfügung stehen. Mit deutlichen Mehrheiten hiess der Nationalrat dafür zwei Motionen seiner Umweltkommission gut. Die meisten Gegenstimmen kamen bei beiden Vorstössen aus der SVP-Fraktion. Der Bundesrat erklärte sich mit den Motionen einverstanden. Sie gehen nun an den Ständerat.

Meine Meinung:
Wir nutzen noch immer einen Bruchteil des Potenzials an Solarstrom, den wir nutzen könnten resp. Auch müssten. Dass hier der Bund eine Vorreiterrolle einnehmen muss ist für mich klar. Und dass gerade Flächen an Autobahnen attraktiv dafür sind ist ebenfalls offensichtlich. Nutzt der Bund sie nicht selbst, soll er die Flächen Dritten zur Verfügung stellen. Gut so!

Zusammenschluss für die Stromproduktion

Private Stromproduzentinnen und -produzenten, deren Anlagen mehr Elektrizität erzeugen als sie für den Eigengebrauch benötigen, sollen Zugang zum Verteilnetz erhalten. Der Anschluss ans Verteilnetz soll es ermöglichen, dass verschiedene Hausbesitzer sich für die Stromproduktion zusammenschliessen können, ohne dass Transportkosten für diese Energie anfallen. Die Motion geht an den Ständerat.

Meine Meinung:
Ja ja ja! Genau in diese Richtung muss es gehen. Strom dort zu nutzen, wo er entsteht und diesen auch möglich selbst oder in der Nachbarschaft nutzen zu können, bevor er ins Gemeinschaftsnetz eingespiesen werden muss. Tolle Sache!

Titel von Gesetzen

Erlässt das Parlament ein Gesetz, will der Nationalrat vor der Schlussabstimmung überprüft haben, ob der Titel noch zum Wortlaut des Gesetzes passt. Ist das nicht der Fall, soll der Titel noch vor der Abstimmung geändert werden. Der Nationalrat gab einer parlamentarischen Initiative unseres Präsidenten Jürg Grossen (GLP/BE) Folge. Falls die Räte Vorlagen wesentlich veränderten, könne dies dazu führen, dass Titel und Inhalt der Vorlage nicht mehr oder nur noch teilweise übereinstimmten, hatte Grossen die Initiative begründet. Das Begehren geht an den Ständerat. Dessen zuständige Kommission lehnte sie bisher ab.

Meine Meinung:
Also wo Katja daruf steht ist auch immer Katja drin. Und so verlange ich das auch von Gesetzen. Die Titel müssen exakt wiedergeben, was das Kernanliegen des Gesetzes ist. Ist doch irgendwie selbstverständlich, oder nicht?

Erleichterung der Stiefkindadoption

Der Nationalrat will die Stiefkindadoption erleichtern. Dafür soll die Voraussetzung eines einjährigen Pflegeverhältnisses entfallen. Im Weiteren möchte die grosse Kammer den Rechtsschutz für im Ausland durch Fortpflanzungsmedizin oder Samenspende gezeugte Kinder verbessern. Die Anpassungen sind Folge der «Ehe für alle» und stellen gleichgeschlechtliche Paare heterosexuellen Partnerschaften gleich. Die zwei Motionen gehen an den Ständerat.

Meine Meinung:
100% Gleichstellung verlangt auch nach 100% Gleichstellung und auf diesem Weg sind diese Erleichterungen richtig und wichtig.

Embargogesetz / Sanktionen

Der Bundesrat soll nach dem Willen des Nationalrats künftig eigenständige Schweizer Sanktionen verhängen dürfen. Die grosse Kammer hat sich für eine entsprechende Änderung des Embargogesetzes ausgesprochen. Gründe für eine Verhängung sollen namentlich die Verletzung von Menschenrechten oder andere schwere Verstösse gegen internationales Recht sein.

Meine Meinung:
Die Schweiz soll nun eigenständig – wenn auch in Berücksichtigung der Handelspartner – Sanktionen gegen Personen ergreifen können, die z.B. schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Das bedeutet nicht, dass die Schweiz alleine Sanktionen ergreifen soll oder muss, sondern sie hat damit die Grundlage diese auch anzustossen und auf andere Länder zuzugehen und muss nicht mehr einfach nachvollziehen. Ich finde das richtig.

Hotellerie

Hotels in Städten sollen nach dem Willen des Nationalrats künftig ebenso von Förderkrediten profitieren können wie jene in Tourismusgebieten. Die Motion will den Bundesrat beauftragen, den Förderperimeter der Schweizerischen Gesellschaft für Hotelkredit (SGH) auf die gesamte Schweiz auszuweiten und die SGH mit den nötigen Ressourcen auszurüsten. Die Motion geht an den Ständerat.

Meine Meinung:
Betriebe weisen immer höhere Eigenkapitallücken auf. Es gibt mit der SGH jedoch ein Instrument, welches diese Lücken schliessen könnte, dessen Förderperimeter städtische Betriebe aber ausschliesst. Dieser Ausschluss scheint nicht mehr zeitgemäss und benachteiligt diese städtischen Betriebe und verzerrt somit auch den Wettbewerb. Das muss korrigiert werden.

Armee

Der Bundesrat muss Möglichkeiten zur Vertiefung der Zusammenarbeit mit anderen europäischen Staaten und der Nato in der Sicherheitspolitik prüfen. Der Nationalrat hat ihn beauftragt darzulegen, an welchen zusätzlichen Programmen die Armee teilnehmen könnte. Er überwies ein Postulat meiner grünliberalen Kollegin Corina Gredig (GLP/ZH). Stehen soll die Auslegeordnung im geplanten Zusatzbericht zum Sicherheitspolitischen Bericht.

Meine Meinung:
Wir sind einfach keine Insel und auch in der Sicherheitspolitik ist eine engere Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn durchaus gewinnbringend und zielführend. Gemeinsam anstatt einsam!

Eu-Kohäsionsbeitrag

Der Nationalrat will die Teilnahme an den EU-Forschungsprogrammen mit einem höheren Kohäsionsbeitrag erkaufen. Der Bundesrat soll mit der EU über eine rasche Assoziierung am Horizon-Paket verhandeln. Die EU verweigert allerdings sektorielle Verhandlungen. Bundespräsident und Aussenminister Ignazio Cassis mahnte vergeblich, dass die EU nicht über sektorielle Abkommen verhandeln wolle, solange die institutionellen Fragen nicht geklärt seien. Der Nationalrat liess sich nicht auf dieses Argument ein. Er hiess eine Motion für rasche Verhandlungen über die Assoziierung und den höheren Beitrag knapp mit 93 zu 92 Stimmen gut.

Meine Meinung:
Ein gewisses Verständnis kann ich für die Gegner dieser Motion aufbringen, denn das Erkaufen der Teilnahme ist natürlich etwas unschön. Natürlich hätten wir lieber das Rahmenabkommen gehabt, natürlich würden wir gerne über einen EWR-Beitritt sprechen, die beide dann wohl auch den Weg zu Horizon ebnen würden. Aber leider liegt diese Option momentan nicht vor und unser Forschungs- und Innovationsstandort steht auf dem Spiel. Demnach sollten wir nichts unversucht lassen.

Zudem habe ich folgende Vorstösse eingereicht:

Besuch meiner Tochter an einem Abend während der Sommersession 2022.
Besuch meiner Tochter an einem Abend während der Sommersession 2022.

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