Sessionsbericht Sondersession Mai 2021

So eine 3-tägige Sondersession rast so schnell an einem vorbei, dass sie wie ein Orkan erscheint und so rasch sie gekommen, auch schon wieder Vergangenheit ist. Wie immer – ich sollte es langsam besser wissen – habe ich mir vieles vorgenommen und vielleicht die Hälfte davon erledigt. Dafür kam einiges unter der Kategorie „Unvorhergesehenes“ und überholte mich von links.

So ist das halt im Politalltag. Ich kann also getrost sagen, es war eine „normale“ Session. Wir hatten noch immer keine Gäste, keinen Besuch, keine Anlässe und die Maske vor der Nase. Doch es schien, dass die Stimmung doch viel hoffnungsvoller und positiver war. Einige waren auch schon geimpft und andere natürlich noch in der kantonalen Warteschlaufe. Aber alles im allem konnte man deutlich erkennen, dass wir auf einem guten Weg sind. Es waren also 3 Tage und 2 Nächte und der Zauber war vorbei. Ich konnte jedoch zum Thema „Organspende“ das Wort erheben und 2 Vorstösse einreichen, die auch medial auf Interesse gestossen sind.

Hier ein Überblick über einige wichtige Geschäfte:

Organspende          

Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies künftig explizit festhalten müssen. Angehörige sollen aber eine Organspende ablehnen können. Der Nationalrat hat am Mittwoch der erweiterten Widerspruchslösung zugestimmt. Mit 150 zu 34 Stimmen bei 4 Enthaltungen stimmte der Nationalrat dem vom Bundesrat konzipierten und nun in einigen Punkten präzisierten Gegenvorschlag zur Organspende-Initiative in der Gesamtabstimmung zu. Nein-Stimmen kamen von einem Teil der SVP-Fraktion. Stimmt auch der Ständerat dem Gegenvorschlag zu, dürften die Initiant:innen ihr Begehren zurückziehen.

Meine Meinung:
In der Schweiz warten viele Menschen auf ein rettendes Organ. Die Organspendezahlen konnten zwar mit dem Aktionsplan “Mehr Organe für Transplantationen” des Bundes seit 2013 schrittweise erhöht werden. Sie sind aber im europäischen Vergleich noch immer tief. Für einen Empfänger oder eine Empfängerin bedeutet dies eine oft lange Wartezeit, bis ein passendes Organ gefunden wird. Jährlich versterben deshalb Menschen auf der Warteliste, weil sie nicht rechtzeitig ein rettendes Organ erhalten haben (Zahlen 2019 von Swisstransplant: Personen auf Warteliste: 2‘149 / Todesfälle auf Warteliste: 49). Der Systemwechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung allein wird zwar kaum zu einem Verschwinden der Warteliste führen, doch ist er ein wichtiger Baustein, um die Situation zu verbessern. Mit dem Wechsel wird die umfassende und regelmässige Information der Bevölkerung noch wichtiger. Die Schweizer Bevölkerung muss insbesondere über die Folgen eines fehlenden Widerspruchs informiert sein und einen einfachen Zugang zum Widerspruchsregister haben.

Der Knackpunkt

Die Volksinitiative will, dass wenn weder vom Verstorbenen noch seinen Angehörigen eine klare Willensäusserung kommt, die Entnahme zulässig wäre. Der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats – der nun vom Nationalrat so unterstützt wurde – lautet aber «… so ist die Entnahme unzulässig.».

Hier noch mein Votum, dessen letzter Satz dann von srf aufgenommen wurde:


Strafverfolgung

Ermittlungsbehörden sollen aus DNA-Spuren von Tatorten mehr Informationen herauslesen dürfen als heute. Kern der Vorlage sind gesetzliche Grundlagen für die sogenannte Phänotypisierung. Neu sollen aus DNA-Profilen nicht nur das Geschlecht, sondern auch Hinweise auf äusserliche Merkmale wie beispielsweise Haar- und Augenfarbe oder die biogeografische Herkunft herausgelesen werden können. Die Ratslinke hätte für die Phänotypisierung engere Schranken gewollt, unterlag aber mit allen Minderheitsanträgen. Das Geschäft geht an den Ständerat.

Meine Meinung:

Ich unterstütze die Gesetzesanpassung. Wird an einem Tatort biologisches Spurenmaterial (wie Blut, Sperma, Haare, usw.) sichergestellt, lässt sich daraus ein DNA-Spurenprofil erstellen. Mit der sogenannten Phänotypisierung ist es möglich, aus einer DNA-Spur äusserlich sichtbare Merkmale einer unbekannten Person herauszulesen. Die Phänotypisierung ist nicht gegen eine bestimmte Person gerichtet, sondern dient zur Eingrenzung möglicher Personenkreise im Rahmen einer Ermittlung. Mit diesem Instrument können wir hoffentlich die Strafermittlungen effizienter gestaltet. Betonen möchte ich vor allem, dass es dabei nicht nur möglich ist, Personen in einem Verfahren zu BELASTEN sondern verdächtige Personen zu ENTLASTEN!


Landwirtschaft

Der Nationalrat will die Zuckerproduktion in der Schweiz weiterhin stützen und hat deshalb Änderungen im Landwirtschaftsgesetz beschlossen. Es sollen Einzelkulturbeiträge an Bauern und Grenzschutz für Zucker gesetzlich verankert werden. Wir Grünliberalen waren genauso dagegen wie auch die von Grünen und die FDP. Nun ist der Ständerat am Zug.

Meine Meinung:

Der konventionelle, intensiv betriebene Anbau von Zuckerrüben in der Schweiz ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ökologisch nicht sinnvoll. Zucker aus Zuckerrohr – gerade als Fairtrade-Bio-Produkt – weist trotz Handel viel bessere Ökobilanzen auf. Bei allem Verständnis für die Sicherung der Arbeitsplätze sollten wir einer nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion den Vorrang geben und auch entsprechende Anreize setzen, zum Beispiel mit «border-tax-adjustments» oder Lenkungsabgaben auf Pestiziden. Wenn es eine Zuckerrübenproduktion gibt in der Schweiz, und diese durch den Bundeshausalt und somit durch die Steuerzahlenden finanziell subventioniert wird (mit rund 70 Millionen Franken pro Jahr), dann ist es unerlässlich, dass ein ökologischer Umbau stattfindet. Zudem werden im Zuckerrübenanbau im Vergleich mit anderen Ackerkulturen in der Schweiz besonders viele Pestizide eingesetzt. Darunter befinden sich einige der giftigsten Wirkstoffe überhaupt, darunter ein Insektizid, das in extrem kleinen Mengen sowohl für den Menschen wie für Tiere hochtoxisch ist und reproduktions- und nervenschädigend wirkt.

Ökologisch besser wären folgende zwei Lösungen:

1) Der Import von Fairtrade-Rohrzucker: Er wird mit viel weniger Dünger- und Pestizideinsatz produziert und ist zudem erst noch viel günstiger, oder

2) Die Beschränkung der Subventionen auf einen einigermassen ökologischen Zuckeranbau in der Schweiz. Ein Anbau von Zuckerrüben unter IP-Suisse- bzw. Biobedingungen ist einigermassen vertretbar.


Zudem habe ich folgend Vorstösse eingereicht:

  • KV-Reform 2022: Ein Lehrstellenkiller? Mit der vorgesehenen Einführung der Kompetenzorientierung sollen nun Grundlagenfächer, Leistungszüge und Fremdsprachen abgeschafft werden, das Wissen soll der “Kompetenz” weichen. Mit nur einer Fremdsprache und ohne Kenntnisse im Finanz- und Rechnungswesen fehlen den Lernenden die Voraussetzungen für die Berufsmaturität und damit auch entsprechende Anschlusslösungen (z.B. Fachmatur). Dagegen regt sich massiver Widerstand!
    Mediale Berichterstattung dazu gab es in der BZ und auf Watson.
  • Der Schweizer Zoo im Graben zwischen Freizeit, Forschung und Museum: Corona hat aufgezeigt, dass keine Bundesstelle explizit für die Belange der Zoos zuständig scheint. Bei den Massnahmen in der Corona Krise werden die Museen und Bibliotheken anders behandelt als die Gruppe Zoos, Freizeitanlagen und Sport. Im Gegensatz zu den Museen, deren Interessen durch das Bundesamt für Kultur (BAK) vertreten werden, stehen zoologische und botanische Einrichtungen ohne Verankerung in Bundesbern da.

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