Sondersession des Nationalrats im Mai 2023

Katja Christ während der Sondersession 2023

Wegen der hohen Geschäftslast mussten wir neben den vier ordentlichen Sessionen auch in diesem Jahr zu einer Sondersession zusammenkommen. Diese dauerte 3 lange Tage jeweils bis in die Nacht. Im Gegensatz zu uns durfte der Ständerat zu Hause bleiben. Nur der Nationalrat musste «nachsitzen»…!

Da sind wir wohl selbst schuld. Wer viele Vorstösse einreicht, muss diese halt irgendwann auch abarbeiten. Unlogisch scheint mir, dass wir in der Sondersession – die wir zur Bewältigung der Vorstossflut absolvieren – dann jeweils auch wieder neue Vorstösse einreichen dürfen. Und ich sage Euch: das wird auch rege gemacht. Zudem sind wir in einem Wahljahr und jede und jeder nutzt jede Plattform, um seine politische Botschaft an die Menschen zu tragen. Ich bin gespannt, ob wir überhaupt mehr Vorstösse abgearbeitet haben als neu wieder eingereicht wurden – ein klassischer Fall von Sisyphusarbeit!

Aber vielleicht ändert sich das bald, denn es ist ein dementsprechendes Anliegen bereits in der Pipeline, sodass es künftig dann vielleicht untersagt ist, während der Sondersession neue Vorstösse einzureichen. Ich habe mich vornehmlich zurückgehalten und lediglich eine Interpellation eingereicht mit Fragen an den Bundesrat, über die das Parlament weder debattieren noch darüber befinden werden muss. 

Aber nun zu Inhaltlichem, denn da gab es doch die eine oder andere wichtige Sache, über die wir debattiert und entschieden haben. Hier eine prominente Auswahl davon:

3 Vorstösse im Umfeld des Banken-Debakel

Alle 3 der folgenden Vorstösse fanden im Nationalrat eine Mehrheit.

Boniverbot für systemrelevante Banken. Ich habe mich enthalten. Warum? 

Die Forderung per verpflichtender Motion nach einem absoluten Verbot von Bonuszahlungen an Verwaltungsrat und Geschäftsleitung von systemrelevanten Banken ist ein einschneidender Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Wirtschaftsfreiheit. Um eine solche Forderung unterstützen zu können, muss ich sicher gehen können, dass diese Massnahme geeignet und erforderlich ist, um das damit angestrebte Ziel erreichen zu können. Zudem muss ich auch wissen, welche negativen Folgen ein komplettes Verbot mit sich bringen könnte. Ich bin überzeugt, dass wir bei den Boni eine Anpassung brauchen. Solche ausufernden Auszahlungen trotz Verlusten sind nicht mehr akzeptabel. Ein Bonus-Malus-System könnte jedoch eine Antwort darauf sein, anstelle eines Verbots. Ich möchte jedenfalls die Postulatsberichte abwarten, die wir an der ausserordentlichen Session in Auftrag gegeben haben. Ich möchte solche Entscheide aufgrund fundierter Kenntnisse aller Fakten und Auswirkungen treffen können. Meine Enthaltung zeigt demnach, dass ich inhaltlich Handlungsbedarf sehe, diese Motion kann ich aber so und heute nicht unterstützen.

Sollen Banken mindestens 15 Prozent Eigenkapital haben müssen? Auch hier habe ich mich enthalten, warum?

Für systemrelevante Banken sind strengere Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften zu prüfen. Ebenso alle weiteren Massnahmen, die die Stabilität und Resilienz der Banken verbessern. Aber: Das aktuelle Bankengesetz verlangt, dass systemrelevante Banken besondere Anforderungen erfüllen müssen. Diese müssen 

  • verhältnismässig sein 
  • und die Auswirkungen auf die betroffenen Banken und den Wettbewerb berücksichtigen 
  • sowie international anerkannten Standards Rechnung tragen.

Würde ich heute und jetzt einer verpflichtenden Motion zustimmen, die eine Eigenkapitalquote von mind. 15 Prozent verlangt, so verletze ich damit alle drei Anforderungen ohne zu wissen, ob genau diese Massnahme angemessen und zielführend ist. Wieso genau 15 Prozent? Wie können wir das belegen? Was für negative Auswirkungen auf die Bevölkerung hat eine solche Mindestforderung, die wohl auch im Credit-Suisse-Debakel nichts gebracht hätte. Ich möchte also auch hier in voller Kenntnis aller Tatsachen und Auswirkungen entscheiden können und möchte die beim Bundesrat hängigen Postulatsberichte dazu abwarten. Da ich jedoch auch hier Handlungsbedarf erkenne, enthalte ich mich bei dieser Motion.

Und soll die Finma fehlbare Banken büssen?

Ja, das befürworte ich. Die Ressourcen und Durchsetzungsmittel der Finanzmarktaufsicht (Finma) sind dringend zu verbessern. Es braucht genügend Personal mit der nötigen Expertise und Erfahrung, um die Banken wirksam zu beaufsichtigen. Es handelt sich zudem um ein Postulat und geht in dieselbe Stossrichtung wie das von den Kommissionen bereits in der ausserordentlichen Session gefordert und von mir unterstützt wurde. Der Bundesrat muss aufzeigen, wie er die Finma wirksam stärken kann.

Dazu war das online Medium bajour.ch hier im Bundeshaus vor Ort und hat alle Nationalratsmitglieder aus BS und BL dazu befragt. Hier geht es zum ganzen Artikel, wo ihr auch die Meinungen der anderen zu diesen 3 Fragen nachlesen könnt:


Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken

Wiederverwerten, reparieren und weniger Abfälle einfach wegwerfen und verbrennen: Wir haben über Neuerungen debattiert, die die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz stärken und Ressourcen schonen sollen. Es sollen dazu namentlich das Umweltschutzgesetz, aber noch weitere Gesetze angepasst werden. In Zeiten der steigenden Unsicherheit und Lieferengpässen kann die Kreislaufwirtschaft dazu beitragen, die Abhängigkeit von Rohstoffen oder importierten Materialien zu verkleinern.

Im Zentrum der Vorlage stehen das Vermeiden und Wiederverwerten von Abfällen anstelle von Vernichten. Der Bundesrat soll Anforderungen an die Lebensdauer eines Produkts festlegen können, etwa Verwertbarkeit, Reparierbarkeit oder Vorhandensein von Ersatzteilen.

Die Vorlage enthält nun auch ein Verbot für achtloses Liegenlassen und Wegwerfen von kleinen Mengen von Abfällen. Noch dazu beschloss der Nationalrat eine Busse von bis zu 300 Franken für das sogenannte Littering und damit etwas, was einige Kantone schon kennen. Er beschloss auch, dass nicht kompostierbare Packungen von nicht verkauften biogenen Lebensmitteln vor deren Verwertung entfernt werden müssen. Eine Minderheit um meinen Kollegen Beat Flach (GLP) setzte sich hier durch.

Das Einsammeln von Abfällen will der Nationalrat zudem liberalisieren. Freiwillige private Anbieter sollen ohne Konzession der Gemeinde Wertstoffe von privaten Haushalten sammeln dürfen. Voraussetzung ist, dass das Sammelgut wiederverwertet wird. Die Vorlage geht nun an den Ständerat. Ich bin gespannt, wie dort debattiert und entschieden wird.

Koalition für Kreislaufwirtschaft

Im Herbst 2022 gründeten 14 Organisationen aus der Schweiz vor dem Hintergrund dieser Gesetzesänderungen eine Koalition für Kreislaufwirtschaft. Ihr Ziel ist es, die Lebensdauer von Konsumgütern zu verlängern. Beim Aufbau einer echten Kreislaufwirtschaft, die für die Schonung der Ressourcen unerlässlich sei, hinke die Schweiz hinterher, kritisierte die frisch gegründete Koalition namens «Lang leben unsere Produkte!» damals. Die Schweiz konzentriere sich in erster Linie darauf, Abfälle zu sortieren und zu verwerten.

Meine Meinung:
Es ist von grundlegender Bedeutung, dass die Schweiz von der Abfallverbrennung zur Abfallvermeidung und -verwertung übergeht und hierbei eine Priorisierung entlang der folgenden Reihenfolge vornimmt:

1. Vermeidung
2. Wiederverwendung
3. Wiederverwertung
4. Materielle und energetische Verwertung
5. Energetische Verwertung.
Es wird höchste Zeit, dass wir nicht nur an die Ökobilanz beim Vorgang der Verwertung denken sondern auch an die Wiedergewinnung der Ressourcen, die wir nicht neu der Umwelt entnehmen und importieren müssen.


Räumung des ehemaligen Munitionslagers Mitholz

Mit dem 1947 explodierten und teilweise eingestürzten Munitionslager Mitholz bei Kandersteg im Berner Oberland haben wir uns ebenfalls befasst. Nach fünf Jahren Wartezeit sollen die Einwohner des Dorfes Mitholz im Berner Oberland endlich Gewissheit über ihre Zukunft haben. Der Nationalrat hat nun als Erstrat dem 2,59-Milliarden-Franken-Kredit für die Räumung des früheren Munitionslagers zugestimmt.

2018 kam ein neuer Bericht des Verteidigungsdepartements zum Schluss, dass das Munitionslager aufgrund weiterhin hoher Risiken geräumt werden müsse. Der Bundesrat beantragte einen Verpflichtungskredit im Umfang von 2,59 Milliarden Franken für die Arbeiten, einschliesslich Sicherheitsmarge wegen Unsicherheiten.

Die Mehrheit des Nationalrats stellt sich klar und deutlich hinter die Vorlage. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

Meine Meinung:
Nur die Räumung erfüllt alle drei Anforderungen:
– Beseitigung der Gefahr einer weiteren Explosion für die Bevölkerung
– Beseitigung der Gefahr einer weiteren Explosion für die Infrastruktur (etwa ein Drittel des alpenquerenden Warentransits wird über diese Strecke abgewickelt)
– Beseitigung der fortschreitenden Vergiftung von Boden und Gefahr der Belastung von Grundwasser


Zudem habe ich folgenden Vorstoss eingereicht:


Netzwerk «women in power» gegründet

Der Kick-off-Event von «Women in Power» im Bundeshaus mit über hundert Teilnehmerinnen war ein voller Erfolg. Danke, dass ich dabei sein durfte und danke an alle, die dabei waren und das auf die Beine gestellt haben! Ich freue mich darauf, das Netzwerk mitzugestalten. 

Aber was ist eigentlich «women in power»: 

Das nicht gewinnorientierte Netzwerk «Women in Power» verfolgt das Ziel, die Anzahl von Frauen in der Schweizer Energiebranche zu erhöhen und die Arbeitgeberattraktivität von Unternehmen und Organisationen zu verbessern. Dafür soll der Dialog von Akteurinnen aus Wirtschaft, Politik und Forschung gefördert werden … mit viel Power eben!

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