Warum ich ein NEIN zum Medienfördergesetz als Chance sehe

Nichts ist beständiger als der Wandel! Und dieser Realität kann sich auch die Presselandschaft nicht entziehen. Ziel eines Unterstützungspakets für die Medien muss der Erhalt einer möglichst grossen Medienvielfalt sein trotz dieses Wandels, trotz der Herausforderung der Digitalisierung, der wachsenden internationalen Konkurrenz und der veränderten Bedürfnisse der Leserschaft. Die zentrale Frage ist, WIE wir die Medien gezielt unterstützen können, um sie in die Zukunft zu führen.

Auch ich anerkennen die Bedeutung der Medien als vierte Gewalt im Staat und als unverzichtbare Grundlage zur freien Meinungsbildung und damit für unsere Demokratie. Im Rahmen eines medialen service public befürworte auch ich, die Medienlandschaft mit dem Ziel des Erhalts resp. Ausbaus einer möglichst grossen Vielfalt in unserem Land zu unterstützen. Soweit so gut. Nun aber unterscheiden sich meine Vorstellungen davon, wie wir das tun sollten von dem was uns nun vorliegt ziemlich grundlegend.

Die Leserschaft der Zukunft ist die Jugend von heute und die bewegt und informiert sich im Netz. Das ist die Realität. Wir dürfen also mit unserer Unterstützung auf keinen Fall die digitale Transformation behindern, veraltete Strukturen zementieren und damit Innovationen im digitalen Bereich behindern oder konkurrenzieren. Das wäre verheerend. Wenn wir aber jetzt gemäss Vorschlag des Bundesrates die Unterstützung nicht nur mit zusätzlichen 20 Millionen auf sämtliche abonnierte Tages- und Wochenzeitungen – und damit auf die grossen nationalen Verlage – ausweiten sondern entgegen den Empfehlungen des Bundesrates sogar noch die Sonntags- und Frühzustellung mit sage und schreibe 40 Millionen zusätzlich unterstützen wollen, dann tun wir aber genau das. Wir hemmen die digitale Transformation, da wir die Druckerpresse genau in dem Bereich stärken, wo die online Medien ihre natürlichen Vorteile haben: Diese sind nämlich örtlich und zeitlich jederzeit abrufbar, frühmorgens und an Sonntagen. In einem Transformationspaket hat ein solch massiver und unverhältnismässiger Ausbau der finanziellen Mittel für die Druckerpresse seine Funktion komplett verfehlt. Und dies noch vor dem Hintergrund, dass sogar der Bundesrat in den letzten 30 Jahren die indirekte Presseförderung 3x ganz abschaffen wollte. Wir sollten uns bewusst sein, dass wir damit die digitale Transformation nicht unterstützen sondern im Gegenteil hemmen, indem wir Anreize setzen, die alten Strukturen weiter auszubauen anstatt mit der Leserschaft in die digitale Zukunft zu gehen.

Es ist aber genau unsere Aufgabe, mit Unterstützungsbeiträgen die richtigen Anreize zu setzen. Denn seit der Evolutionstheorie wissen wir, dass nicht die Stärksten überleben, sondern die, die sich am schnellsten anpassen können. Wir haben deshalb während der Beratungen unter anderem den Vorschlag eingebracht, die Finanzierung dynamisch auszugestalten. Wir hätten die Beiträge über die Jahre der Geltungsdauer mit einem Abbaupfad im print-Bereich reduziert und dies mit einem Ausbau der finanziellen Mittel im online Bereich ausgeglichen. Das hätte die Verlage gezwungen in Bewegung zu bleiben und sich über die nächsten Jahre neu auszurichten, ihren online Bereich auszubauen und sich für die Zukunft zu rüsten. Leider fand die Idee keine Mehrheit und was passieren wird ist, dass gar nichts passiert. Am Ende der – übrigens auch von uns eingebrachten und auch durchgesetzten – 7-jährigen Geltungsdauer ist alles beim Alten, nichts hat sich bewegt und wir werden die Geltungsdauer wohl wieder verlängern müssen. Und ich möchte den Beweis dafür lieber nicht abwarten.

Ein Fördermodell soll zukunftsgerichtet sein und kanalunabhängig erfolgen. Demokratiepolitisch sind nämlich alle Verbreitungswege gleichwertig. Weiter darf der Wettbewerb nicht verzerrt werden, das Geschäftsmodell sollte keine Rolle spielen und Fortschritt darf nicht durch falsche Anreize gehemmt werden. Anstatt in überholte Zustellwege sollten wir in journalistische Qualität und Inhalt investieren. Wir brauchen neue Konzepte, wie z.B. differenziert angebotene Paywalls, aus Artikeln diverser Verlage zusammenstellbare, personalisierbare digitale Zeitungen oder eine Verbesserung des Schutzes geistigen Eigentums. Mit dem Geld der Steuerzahlenden sollten zukunftsweisende Angebote unterstützt werden und die Leserschaft sollte bis zu einem gewissen Grad selbst entscheiden können, wohin das Geld fliesst. Ich möchte eine Vorwärtsstrategie mit Bandbreite und nicht mit Druckerschwärze. Im Zeitalter der elektronischen Medien muss halt auch der Zeitungsleser irgendwann das Blatt wenden.

Auch wenn die aktuelle Vorlage einige Pluspunkte gegenüber dem status quo aufweisen kann, so überwiegen für mich klar die negativen Aspekte, die für mich schwerer wiegen und zu weit entfernt von grünliberaler, progressiver und innovativer Medienpolitik sind. Ich möchte es JETZT anpacken und nicht 7 Jahre warten. Deshalb lehne ich das Massnahmenpaket zugunsten der Medien ab und habe einerseits ein Postulat eingereicht mit dem Titel «Strategie für eine zukunftsgerichtete Medienförderung jetzt aufgleisen». Der Bundesrat ist sogar bereit, das Postulat entgegen zu nehmen. Bereits zuvor habe ich eine Motion eingereicht mit dem Titel “Medienförderung und Bildungsoffensive mit Mediengutscheinen für Jugendliche und junge Erwachsene”. Die Türe steht also offen für mehr «Grünliberal» in der Medienpolitik, würde die aktuelle Vorlage vom Volk abgelehnt. Ich verspreche, dass ich mich mit Herzblut für ein Medienförderpaket 2.0, das diesen Namen auch verdient, einsetzen würde.

2 Gedanken zu „Warum ich ein NEIN zum Medienfördergesetz als Chance sehe

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